Elektrische Gewitter mit Engel

Von der Geistsuche des Dada-Dichters Hans Arp

Aufbruch und Widerspruch waren die Leitgedanken der Dadaisten, die von 1916 an in Zürich, später dann in Berlin, Hannover oder auch Köln dem Spießbürger und Kunstmuffel die Alltagshölle heißmachten. Hans Arp (1886-1966) war einer von ihnen: Künstler und Dichter in einer Person. Wenn unter seinen Händen nicht Steine erweichten und Plastiken wuchsen, dann dichtete er, daß es dem Biedermann den Atem verschlug: “Weh, unser guter Kaspar ist tot, heiliger Bimbam, Kaspar ist tot.” Die Schwalbenhode wurde besungen wie auch das bezungte Brett; derweil waren die Kirchtürme mit Wattepuppen verstopft. Der Widersinn feierte fröhliche Urstände.

Der Tod seiner Frau Sophie Taeuber schnitt tief in das Lebensgefüge des Menschen Hans Arp. Jahre folgten, in denen nicht eine Plastik entstand. Aber zarte Verse meldeten sich ihm: Von Engeln wußte Arp nun zu reden so wie wir über das tägliche Brot. War ihm ein Auge aufgegangen, ein höherer Sinn, der nur dem Menschen zuteil wird, der Leid wie Freude rückhaltlos sucht? Geist und Unsinn treffen sich im Zufall, der alles andere ist als zufällig – oder, wie Hans Arp meint: “Die Muse ist ein outsider-Engel.”

Als Kunstsprecher wird Bernd Seydel in einer Aktionslesung Anfang, Blüte, Tod und Auferstehung der Dichtung Hans Arps zum Klingen bringen. Seydel scheut dabei weder Zungenfertigkeit, Stimmgeschwindigkeiten oder Klangpurzelbäume noch sanftes Sinntönen oder verhaltenes Gedankenahnen. Die Dichtung des Hans Arp macht lebendig, weil sie lebendig ist – und das kann man hören.